Start Allgemeines Die Zeit der Mini-Bauzinsen endet

Die Zeit der Mini-Bauzinsen endet

3
0

Wer ein Haus baut oder eine Wohnung kauft und dafür einen Kredit von der Bank braucht, bekommt derzeit Baugeld supergünstig. Nun aber müssen sich Immobilienkäufer langsam auf eine nicht mehr ganz so schöne Zinswelt einstellen.

Wer ein Haus baut oder eine Wohnung kauft und dafür einen Kredit von der Bank braucht, bekommt derzeit Baugeld supergünstig. Banken und Versicherer locken mit Hypothekendarlehen von ein bis zwei Prozent Zinsen. Die Kosten für die Finanzierung der eigenen vier Wänden sind immer noch auf einem historisch niedrigen Niveau. 2008, zu Beginn der Finanzkrise, lagen die Hypothekenzinsen noch bei rund fünf Prozent. In den Neunzigerjahren waren sogar schon einmal mehr als neun Prozent Zinsen fällig.

Nun aber müssen sich Immobilienkäufer langsam auf eine nicht mehr ganz so schöne Zinswelt einstellen. Wegen der stark gestiegenen Kaufpreise haben sich die eigenen vier Wände bereits deutlich verteuert. Nun steigen seit Dezember 2017 auch noch die Bauzinsen. Im Februar erreichten sie den höchsten Stand seit zwei Jahren.

Noch handelt es sich um eine eher schleichende Trendwende. Doch schon wenige Zehntel Prozentpunkte mehr an Zinsen können Kreditnehmer langfristig Tausende Euro zusätzlich kosten – zumal sich die Darlehenssummen wegen der höheren Immobilienpreise in vielen Städten deutlich vergrößert haben. Damit steigt auch das Risiko, in Zukunft hohe Restschulden abtragen zu müssen und womöglich sogar in eine Schuldenfalle zu geraten, wenn die Zinsen weiter deutlich steigen.

Etliche Banken, Sparkassen und die staatliche Förderbank KfW haben in den vergangenen drei Monaten die Zinsen für Baugeld erhöht, so auch die Direktbank ING Diba. Im Januar gab es bei dem Institut ein Hypothekendarlehen mit einer Kreditsumme von mindestens 200 000 Euro ab 1,34 Prozent. Jetzt sind mindestens 1,44 Prozent Zinsen fällig. Im Durchschnitt lag der effektive Zinssatz für zehnjährige Darlehen nach Angaben des Finanzportals biallo.de am Freitag bei 1,51 Prozent. Mitte Dezember 2017 waren es noch 1,30 Prozent. Grundlage sind die Konditionen von mehr als 100 Geldhäusern. Auch für Laufzeiten von fünf oder 15 Jahren haben sich die Zinssätze leicht erhöht.

Wie günstig Baukredite ausfallen, hängt vor allem davon ab, wie die Banken die Ausgabe der Darlehen selbst finanzieren können. Direktbanken sammeln zum Beispiel Geld über Tagesgeldkonten ein und verleihen dies teilweise wieder. Andere Institute leihen sich Geld, indem sie Hypothekenpfandbriefe, also mit Immobilien besicherte Wertpapiere, herausgeben und ihren Gläubigern dafür Zinsen zahlen. Steigen nun die Zinsen am Kapitalmarkt, erhöhen sich normalerweise auch die Zinsen für Baugeld, so auch jetzt. Die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen haben sich seit Mitte Dezember von 0,3 auf 0,6 Prozent verdoppelt; mit ihnen steigen auch die Zinsen für Hypothekendarlehen.

Die meisten Banken rechnen damit, dass die Zinsen für Baugeld weiter leicht anziehen werden. Dafür spricht, dass die Konjunktur in vielen Euro-Staaten wieder besser läuft, die amerikanische Notenbank die Zinsen in diesem Jahr voraussichtlich noch drei bis vier Mal erhöhen wird und auch die Europäische Zentralbank die Zinsen 2019 erstmals seit Langem wieder anheben könnte.

Geldexperten wie Horst Biallo, Gründer des gleichnamigen Internetportals, raten deshalb, sich die günstigen Konditionen möglichst lange zu sichern und am besten gleich eine Laufzeit von 15 Jahren zu vereinbaren, auch wenn dies geringfügig teurer ist. Das allein ist aber keine Erfolgsgarantie, um die eigenen vier Wände langfristig solide zu finanzieren.

Wer privat finanziert, muss deutlich mehr ausgeben

Bei Hypothekendarlehen gilt der Grundsatz: Je mehr am Anfang getilgt wird, desto höher ist die Monatsrate für Zins und Tilgung, desto schneller ist der Kredit aber auch abbezahlt und der Kunde schuldenfrei. Ist die Anfangstilgung niedrig, dann ist die Gefahr größer, in zehn oder 15 Jahren einen immer noch hohen Schuldenberg bei schlimmstenfalls deutlich gestiegenen Zinsen abtragen zu müssen. Die ING Diba rät daher, bei den derzeit niedrigen Zinsen mindestens eine Anfangstilgung von drei Prozent des Gesamtdarlehens zu wählen. Außerdem sollten die Kunden wenigstens 20 Prozent des Kaufpreises aus dem Ersparten finanzieren können. Aber halten sich die Kunden auch daran oder gehen sie, verleitet von den niedrigen Zinsen, ein höheres Risiko ein als früher?

Interhyp, der größte Kreditvermittler für private Baufinanzierung in Deutschland, hat mehr als 400 000 Verträge aus den Jahren 2009 bis 2017 ausgewertet. Ergebnis: Im Durchschnitt haben die Kunden im vergangenen Jahr ihre Zinsen für mehr als 13 Jahre fest vereinbart. 2009 lag der Wert noch bei durchschnittlich gut elf Jahren. Die Tilgungsrate hat sich in diesem Zeitraum deutlich von 2,08 auf 2,95 Prozent erhöht. Auch die Daten vom Immobilienscout zeigen, dass mehr als früher getilgt wird. „Letztlich wollen die Kunden nicht erst in 50 Jahren schuldenfrei sein“, heißt es dazu bei der ING-Diba.

Wer privat eine Immobilie finanziert, muss wegen der gestiegenen Preise allerdings deutlich mehr ausgeben. Der Interhyp-Analyse zufolge bringen die privaten Kunden im Bundesdurchschnitt mittlerweile etwa 92 000 Euro an eigenem Kapital mit. 2009 lag die Summe noch bei rund 76 000 Euro. In den besonders teuren Städten wird viel mehr Erspartes in die Finanzierung eingebracht. In München beläuft sich das durchschnittliche Eigenkapital mittlerweile auf etwa 206 000 Euro.

Bauzinsen dürften in Trippelschritten steigen

Deutlich gestiegen ist auch die Höhe der Baukredite. In von Interhyp untersuchten 20 deutschen Großstädten liegt die Darlehenshöhe mittlerweile bei mehr als 280 000 Euro im Durchschnitt – knapp 100 000 mehr als noch 2009. Wer in München privat eine Immobilie finanziert, verschuldet sich im Durchschnitt sogar mit fast 432 000 Euro. 2009 waren es noch knapp 208 000 Euro.

Nach wie vor werde in Deutschland aber „ziemlich solide finanziert“, sagt ein Sprecher von Interhyp. So beläuft sich im Durchschnitt das eigene Kapital auf fast 30 Prozent der für den Kauf benötigten Summe. Solange die Kunden am Anfang ausreichend tilgten, könnten sie sogar eine satte Zinserhöhung auf mehr als vier Prozent in zehn Jahren verkraften, heißt es bei Interhyp. Auch die Bundesbank sieht bislang keine Hinweise, dass die Kreditinstitute leichtfertig Darlehen an Kunden herausgeben, deren Bonität für einen Kredit nicht reicht.
Noch müssen sich Bürger mit Bauschulden keine allzu großen Sorgen machen – wenn die Prognosen der Banken stimmen. Demnach dürften die Bauzinsen zunächst nur in Trippelschritten steigen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

PRESSEKONTAKT

wwr publishing GmbH & Co. KG
Steffen Steuer

Frankfurter Str. 74
64521 Groß-Gerau

Website: www.wwr-publishing.de
E-Mail : [email protected]
Telefon: +49 (0) 6152 9553589